Erinnerungen an Lauenbrunn von Kurt Schüttler


Volksbrauchtum 

Das Leben unserer Vorfahren war weit mehr als heute von der täglichen Arbeit in Haus und Dorf geprägt. Noch vor weniger als hundert Jahren fanden alle Einwohner eines Ortes in ihm Arbeit und Brot. Nur selten gingen Menschen zur Arbeit über Land. Das waren Händler und Boten, vereinzelt Wanderburschen oder Knechte und Mägde. Aber auch sie blieben in der dörflichen Nähe. 

Die meisten Bräuche stammten aus dem kirchlichen Bereich, bei vielen Dingen spürte man auch das Heidnische aus vorkirchlichen Zeiten, und bei manchen Dingen stieß man immer wieder auf Sitten und Bräuche der eingewanderten Vorfahren aus dem süddeutschen, mährischen oder sächsischen Raum. Bei Vergleichen mit katholischen Dörfern wird deutlich, daß die religiösen Zusammenhänge bei uns nicht so eng mit den Bräuchen verbunden waren. 

Die heute über 60jährigen Heimatfreunde erlebten alles, was hier geschildert wird, ja noch selbst. Die 1933 mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten einsetzende Erziehung im "neuen Geist" hatte bis Kriegsende schon vieles untergehen lassen. 

Hier soll versucht werden, alles das festzuhalten, was aus mündlicher und schriftlicher Überlieferung vorhanden ist und was teilweise in den Familien der aus Lauenbrunn stammenden Menschen noch heute bekannt und angewandt wird. 

Im Advent 

Wunderbare Schneekristalle 
- rätselhaft wie unser Leben -
lösen sich im Niederschweben
aus des Winters rauher Kralle. 

Breiten Stille aus und Schweigen,
hüllen all das Dumpfe, Schale,
 alles Laute und Brutale
ein mit ihrem sanften Reigen.

Dämmerung läßt Lichter ahnen,
daß die hohe Zeit erscheine
und das Gute und das Reine
eine Welt aufs neue mahnen. 

Und der Abend kommt mit Sternen.
Eine halbvergess'ne Weise
bringt die Sehnsucht mir ganz leise
nach der kleinen Stadt, der fernen.    

Günter Opitz 

Weihnachten 

Weihnachten war in Schlesien - wie auch in vielen anderen Gegenden - das große Fest der Familie, das wohl von allen am tiefsten empfunden wurde. Wenn Ende November die langen Winterabende begannen, besuchten sich die benachbarten Familien. Man ging "zum Lichta". In der vom Kachelofen gut geheizten Stube saßen die Nachbarn plaudernd beieinander, es wurde gestrickt und vielleicht für Weihnachten gebastelt, und um das elektrische Licht zu sparen beleuchteten Kerzen das Zimmer. 

Am ersten Advent wurde ein aus Fichtenzweigen selbst gebundener Kranz aufgehängt, die Mütter begannen mit den Weihnachtsvorbereitungen, der erste Pfefferkuchen wurde gebacken. In allen Familien nach eigenen Rezepten, aber alle mit den typischen Pfefferkuchengewürzen und unter Verwendung des selbstgekochten Zuckerrübensirups. 

Der erste vorweihnachtliche Höhepunkt war der 6. Dezember mit dem Nikolaustag. Die Kinder stellten Schuhe vor die Tür oder hingen einen Strumpf davor, und die artigen Kinder fanden am Morgen dann einige Näschereien oder kleine Geschenke, die der Nikolaus gebracht hatte. Bei einigen erschien der "aale Jusuf" auch persönlich, meist ein Verwandter, der sich mit "Larve und Bart" entsprechend verkleidet hatte. 

Bei den Bäckern des Dorfes kündigte sich das Fest regelmäßig mit der weihnachtlichen Gestaltung der Schaufenster an. Wenn auch von Jahr zu Jahr meist das gleiche "Pfefferkuchenhaus", stand es doch - umgeben von Pfefferkuchenmännern - stets im Blickpunkt der Kinder, von denen es immer wieder bewundert wurde. 

Auch in den ärmsten Familien liefen die Weihnachtsvorbereitungen. Jeder versuchte, entweder etwas selbst herzustellen oder einen kleinen Geldbetrag für ein Geschenk zu sparen. Kurz vor Weihnachten beschaffte das Familienoberhaupt einen "Christbaum", meist eine Fichte, und der Weihnachtsschmuck für den Baum wurde von Jahr zu Jahr aufbewahrt und nur gelegentlich ergänzt. Am Heiligabend ging man zur Christnacht in die Kirche. Manchmal wurden kleine Krippenspiele vorgeführt oder Mädchen in weißen Kleidern mit Engelsflügeln zogen unter Gesang zum Altar, wo große Weihnachtsbäume mit vielen Kerzen standen. Nach einem bescheidenen Mittagessen wartete auf alle nach der Christnacht ein üppiges Essen. Bei uns war es manchmal der Karpfen, meist aber die speziell für Weihnachten hergestellte Weißwurst mit Sauerkraut und Pfefferkuchensoße, auch polnische Soße genannt. 

Die "Einbescherung" erfolgte nach dem Essen. Wenn das Zimmer, in dem der Christbaum stand, geöffnet wurde, erblickten die Kinder zum erstenmal den mit brennenden Kerzen geputzten Weihnachtsbaum. Das Christkind war inzwischen da gewesen und hatte die Geschenke gebracht. 

Die Zeit zwischen den beiden großen Kriegen war für die meisten Menschen eine schwere Zeit, aber die Freude war auch über die kleinsten Geschenke sehr groß, und oft befanden sich reparierte, neubemalte und instandgesetzte Spielzeuge unter den Geschenken. 

Die Kinder auf dem Dominium hatten meist eine besondere Weihnachtsfeier, die ihnen von der "Herrschaft Heinrichau" ausgerichtet wurde. Sie fuhren mit gedeckten Leiterwagen nach Heinrichau, wo sie im Saal eines Gasthauses mit den Kindern aller Güter der Großherzogin zusammen eine Weihnachtsfeier erlebten. Alle erhielten ein Spielzeug und einige praktische Sachen, meist Kleidungsstücke. Ich weiß jedenfalls, wie meine Schulfreunde immer begeistert darüber erzählten. 

Zu den Weihnachtsbräuchen gehörte auch, daß die Gräber von Kindern geschmückt wurden. Die Tiere in den Ställen erhielten eine besondere Futterration und es wurde ihnen angesagt, daß Weihnachten sei. Nach dem alten Volksglauben konnten das die Tiere in der heiligen Nacht verstehen. Der heilige Abend klang aus mit Liedern, zu denen immer die "Stille Nacht...." gehörte. 

Auch der Aberglaube kam an Weihnachten zu seinem Recht. Da durften auf dem Dachboden keine Wäschestücke hängen, während des Essens durfte niemand vom Tisch aufstehen und verschiedenes mehr. Das alles hätte Unglück gebracht. Am 1. Weihnachtsfeiertag war die Kirche gut besucht. Auswärts wohnende Kinder verbrachten, wenn möglich, die Feiertage im Elternhaus, und das Mittagessen bestand meist aus einem Gänsebraten mit Klößen und Rotkohl. Zum Frühstück gab es bereits die guten Kuchen mit viel Streußel und Mohn. Auch die Mohnklöße, in jeder traditionsbewußten Schlesierfamilie gibt es sie noch heute, durften nicht fehlen.

Sylvester

An Sylvester gehörte der Abendgottesdienst ebenfalls zur Einstimmung des Festes. In der Kirche brannten noch einmal die Kerzen an den Weihnachtsbäumen, und in den Familien wurde - ähnlich dem Weihnachtsabend - ein Festessen aufgetischt. In den Gaststätten mit Saalbetrieb stieg meist ein großer Sylvesterball. In den Häusern brannten am Abend ebenfalls die Kerzen am Christbaum, und dann versuchte man, das Schicksal des kommenden Jahres zu ergründen. An erster Stelle stand das Bleigießen. Bekannt war auch in manchen Familien folgendes: Unter eine Nußschale oder Tasse wurden Brot, Geld, Kohle und Lumpen gelegt. Jedes Teil bedeutete ein Vierteljahr. Sie wurden in beliebiger Reihenfolge aufgehoben und das aufgedeckte zeigte an, in welchem Vierteljahr die Familie Brot, Geld oder Trauer haben wird und in welchem Vierteljahr es ihr "lumpig" geht. Heiratsfähige Mädchen klopften an den Hühnerstall, und wenn der Hahn sich meldete, bedeutete das gute Heiratsaussichten für das kommende Jahr, wenn aber die Hennen gackerten, mußte das Mädchen noch ein Jahr auf den Freier warten.

Zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag (25.12. - 06.1.) lebte allgemein im Volk noch die Erinnerung an den germanischen Götterglauben. In den zwölf Nächten Geträumtes sollte im nächsten Jahr in Erfüllung gehen. Starker Sturm in den "Julnächten" deutete auf eine gute Ernte hin. Am 6. Januar, dem Fest "Heilige Dreikönige", zogen auch bei uns noch größere Jungen, als die drei Weisen verkleidet, durch das Dorf. Einer trug den Stern, der zweite eine große goldene Papierkrone und der dritte war, mit Ofenruß geschwärzt, als König aus dem "Mohrenland" zurechtgemacht. 

Sie sagten folgende Verse auf: 

Wir treten herein, ohn jeden Spott; 
Einen schön guten Abend, den gebe euch Gott!
Ein'n schön guten Abend, eine fröhliche Zeit,
die uns der Herr Christus hat bereit 't. 
Wir sein gezogen in großer Eil', 
in dreißig Tagen vierhundert Meil'n. 
Da kamen wir vor Herodes sein Haus. 
Herodes der schaute zum Fenster heraus.
Herodes sprach mit falschem Sinn: 
Ihr lieben Weisen, wo wollt ihr hin? 
Nach Bethlehem, ins jüdische Land, 
dort sind wir drei Weisen gar wohl bekannt. 
Der Mohrenkönig sprach: 
Ich bin der König aus dem Mohrenland. 
Die Sonne hat mich so schwarz verbrannt. 
Schwarz bin ich, das weiß ich, die Schuld ist nicht meine,
die Schuld ist meiner Mutter Kindermagd,
weil sie mich nicht rein gewaschen hat. 
Hätt' sie mich gewaschen mit einem Schwamm,
so war ich weiß wie ein Lamm; 
So aber hat sie mich gewaschen mit dem Lappen,
deshalb bin ich schwarz wie ein Rappen. 
Fried sei mit euch, ein' schön' guten Abend wünsch' ich euch,
ein' schön' guten Abend den Herren und Damen,
ein jeder wirds nehmen in Billigkeit. Amen! 

Das Sommersingen 

Der 3. Sonntag vor Ostern, Lötare, war bei uns als "Sommersonntag" bekannt: "Summersunntig". 

Unsere heidnischen Vorfahren feierten den Anfang des Frühlings, weil nach dem langen Winter die Natur zu neuem Leben erwacht. Viele Bräuche sind bis heute überliefert. Das "Todaustreiben", das Verbrennen einer Strohpuppe oder in das Wasser werfen, haben sich bis in unsere Zeit erhalten. Scharen von Kindern im schulpflichtigen Alter zogen am Sommersonntag von Haus zu Haus. Sie trugen einen Stecken mit bunten Bändern und kleine Beutel zum Sammeln der Gaben, die in allen Häusern bereit lagen. Überall in Schlesien war dieser Brauch lebendig und die Lieder, die bei uns gesungen wurden waren folgende: 

"Summer, Summer, Summer, ich bien a kleener Pummer 
Ich bien an kleener Keenig, gatt mer nich zu wenig, 
Lußt mich nich zu lange stiehn, ich muß a Häusla wetter giehn". 

oder, hochdeutsch und Dialekt munter durcheinander. 

"Rot Gewand Rot Gewand schöne schöne grüne Linden
Suchen wir, suchen wir, wo wir etwas finden 
Gehn wir in den grünen Wald, so singn die Vögel jung und alt,
sie singen Ihre Stimmen, Frau Wirtin sind sie drinne,
Sind sie drin so kommn sie raus 
und bringn sie mir ne Gabe raus. 
Ich kann nicht länger stehen, ich muß noch weiter gehen
Weit weit übers Feld, ich nehme Brot ich nehme Geld
Ich nehme was ich kriege, ich bin damit zufriede." 

Die Hauswirte und die etwas wohlhabenden Familien hielten meist Bögel, ein Spezialgebäck aus Teigkringeln, die mit einem Bindfaden zusammengebunden waren, bereit. Auch Eier, Äpfel und Geld wurden gegeben. 

Speziell den Männern wurde gesungen:

"Der Herr da hoot en huha Hutt 
Ar is a junga Madeln gutt 
Ar ward sich wull bedenka 
Zum Summer ins was schenka." 

Gesungen wurde auch: 

"Rute Riesla rute, die wachsa ufm Stengel
Der Herr is schien, der Herr ist schien
Die Frau ist wie a Engel" 

oder 

"Fischla, Fischla weiße, die schwimma ufm Teiche 
Der Herr ist schien, der Herr is schien, die Frau is wie a Basenstiel." 

Das wurde meist gesungen, wenn die sparsame Hausfrau nichts gab. In diesem Fall wurde der Spott noch weiter getrieben und man sang: 

"Hinnermist, Taubamist, 
Ei dam Hause kriegt ma nischt." 

oder 

"Die Frau die gieht eim Hause rim
Die hot ne schiene Scherze im 
Mit ein grußa Luche 
Die brummt die ganze Wuche." 

Palmarum 

An diesem Sonntag wurden zumeist die Konfirmationen der zur Schulentlassung anstehenden Mädchen und Jungen gefeiert. Der vorhergehende Sonntag war Prüfungstag. Er wurde von den Konfirmanden mit großer Sorge erwartet, denn es wurde noch richtig vor aller Öffentlichkeit geprüft, ob in den zwei Jahren des Konfirmandenunterrichtes genug "auswendig Gelerntes" in den Köpfen geblieben war. Ein besonderer Anzug für die Jungen gehörte zu diesem Tag und für die Mädchen das entsprechende Kleid. Am Konfirmationstag trugen die Mädchen meist ein schwarzes Kleid, dazu den Myrthenkranz, die Jungen den ersten dunklen Anzug mit langen Hosen und Hut, dazu auch das Myrthensträußchen. Die Kleidungssitten hatten sich im Lauf der Jahre geringfügig gewandelt. Zum Teil gingen die Mädchen in weißen Kleidern.

Die Konfirmationsgeschenke waren sehr bescheiden. Wenn es hoch kam für die Jungen die erste Taschenuhr. Glückwunschkarten und Blumen waren die häufigsten Aufmerksamkeiten. Einer alten Sitte folgend wurden die Konfirmanden, Mädchen und Jungen getrennt, von den Eltern der wirtschaftlich besser Gestellten zu Kaffee und Abendbrot eingeladen. 

Vor der Schulentlassung kursierten in den Schulklassen die "Poesie Alben". Die Eltern, der Pastor und alle Lehrer, danach die Mitkonfirmanden und manchmal auch weitere Mitschüler verewigten sich darin. 

Frau Emma Becker geb. Bischof hat ihr Album von der Konfirmation des Jahres 1922 nach Berlin gerettet. Es haben sich neben Pastor Krebs, Lehrer Kosche und den Diakonissen Erika und Valeska und den Familienangehörigen, die Konfirmanden Frieda Rieger, Else Herzog, Berta Granz, Johanna Kunert, Ida Karbe, Marta Hartmann, Helene Meier, Marta Hauke, Emma Bischof, Frieda Zimmer, Ilse Steckling, Martha Schwenke, Emma Steiner, Gertrud Unger, Maria Niegsch, Emma Herbig, Berta Sand, Emma Treffke, Martha Stache, Martha Schaar, Helene Köpper, Berta Giehler, Ida Wagner, Elisabeth Wagner, Elfriede Instinsky, Selma Dittrich, Max Bischof, Martha Heimann, Klara Bischof, Marta Drieschner, Fritz Bischof, Margarete Müller, Frieda Dömelt, Elisabeth Heimann, Erhard Meier, Gerhard Steckling, Willy Jesdinsky, E. Strecker, Erwin Müller, Erich Zimmer, Walter Pietsch, Emma Rausch, Fritz Treffke, Hans Rother, Kurt Herrmann, Paul Tix, Max Reinfeld, Fritz Rasch, Fritz Hobel, Herbert Jockwer, Fritz Metzner, Fritz Jäschke, Alfred Instinsky, Rudolf Schiller, Ernst Nieder, Maria Paternoga, G. Unger eingetragen. Von den herrlichen Sprüchen hier nur zwei: 

Vergiß sie nicht, die schöne Zeit 
in der so froh wir waren, 
und denk daran in Heiterkeit 
auch in den spätern Jahren. 

Ein Junge, er lebt noch in Süddeutschland und wird 80 Jahre alt, schrieb: 

Wenn der Weinstock tröget Reben, 
und daraus fließt süßer Wein,
wenn der Tod mir nimmt das Leben
hör ich auf dein Freund zu sein.   

Der Gründonnerstag 

Obwohl schon lange nicht mehr gesetzlicher Feiertag, fand an diesem Tage ein Gottesdienst in der Kirche statt. Anfang der 1930er Jahre gingen auch noch Kindergruppen in die Häuser mit dem Spruch: 

"Gudn Morgen zum Griendunnerschtige." 

Karfreitag

Am frühen Morgen vor Sonnenaufgang gingen viele das "Karfreitagswasser" aus einer reinen, von Osten kommenden Quelle holen. Auf dem Weg zur Quelle bzw. zum Bach und auf dem Rückwege bis in das Haus durfte nicht gesprochen werden. Das Wasser sollte Heilkräfte besitzen. Der Kirchenbesuch war besonders an Karfreitag sehr stark, besonders der Abendmahlsbesuch. Auch in den evangelischen Familien wurden an diesem Tage an Stelle von Fleisch Eierspeisen gegessen. 

Ostern 

Am Ostermorgen gingen die Kinder Ostereier suchen. Bemalte oder buntgefärbte Hühnereier, auch Osterhasen aus Schokolade oder kleine Zuckereier wurden versteckt und von den kleineren Kindern gesucht. 

Der erste Ostertag war nach dem Hauptgottesdienst wieder großer Festtag mit einem üppigen Mittagessen. Tanzveranstaltungen gab es an diesem Tage nicht. Die Älteren werden sich noch an den Brauch des "Schmagusterns" erinnern. Aus Weidenzweigen geflochtene Ruten, bei uns Schmagusterruten genannt, wurden mit bunten Bändern verziert und mit ihnen wurden am zweiten Osterfeiertag die Mädchen gejagt, bis sie ein "Malei" spendierten. Der Brauch stammt von den alten Osterbräuchen her. Das Schlagen bzw. Bestreichen von Menschen und Tieren mit den Osterzweigen brachte Segen. 

Christi Himmelfahrt 

Der kirchliche Feiertag wurde schon nach dem Ersten Weltkrieg immer mehr zu einem Tag der Wanderungen und Ausflüge, besonders von Herrenpartien. 

Am Zobten, in Gorkau-Rosalienthal, wurde als Volksfest der Heiratsmarkt gefeiert. 

Die ersten Gewitter wurden an Himmelfahrt erwartet und bildeten meist den Abschluß des Tages. 

Pfingsten 

Zu diesem großen Kirchenfest war die Kirche an beiden Feiertagen gut besucht. Die schöne Jahreszeit führte auch dazu, daß an diesen Festtagen die neuen schönen Kleider das erstemal angezogen und ausgeführt wurden. "Zu Pfingsta, zu Pfingsta, da sein die Madel am schinnsta." Dieser Spruch brachte die Freude an den schönen, neuen Kleidern zum Ausdruck, denn zu dieser Zeit war es nicht selbstverständlich, etwas "Neues" zu bekommen.

Sommerlied 

Es wogt das Korn wie ferne Meere,
und Ähren flüstern leis im Wind.
Enthoben aller Erdenschwere,
lieg ich und träume wie ein Kind. 

Mit Lerchenjubel in den Lüften,
wo weiße Wolken langsam ziehn,
Scharfgarben und Kamillendüften
und roten Mohnes frohem Glühn. 

Als ich dereinst die Schnitter hörte,
wo Heimatfriede mich umfing,
kein Laut die heilge Stille störte,
wenn ich durch weite Felder ging. 

Dir, Sommer, bleib ich tief verbunden,
dich streift ein Hauch von Ewigkeit,
bist Balsam mir für viele Wunden,
stehst für mich über Raum und Zeit. 

Günter Opitz 

Das Erntefest

Am kirchlichen Erntedanktag war der Altar mit den Früchten des Feldes geziert, die Gemeinde sang "Wir pflügen und wir streuen den Samen auf das Land....". In einem Dorf wie dem unseren ernteten ja nicht nur die Bauern, sondern auch fast alle anderen Bürger hatten ihren Garten oder ein kleines Ackerstück, und die meisten hielten Vieh und in viel stärkerem Umfang als heute waren die Menschen auf "Wachstum und Gedeihen" angewiesen. 

Bei den Bauern war Erntefest der Tag, an dem das letzte Getreidefuder eingefahren wurde. Eine Erntekrone, die später im Haus hing oder die geschmückten Gabeln und Rechen zierten den letzten Wagen. Manche Bauern schlachteten ein Schwein und backten Kuchen. Auch Wurst, Bier und Korn gehörten zu dem Ernteessen. Während einiger Jahre wurde das Erntedankfest von der Gemeinde organisiert und nach Umzügen durch das Dorf auf dem Sportplatz unter großer Beteiligung der Bevölkerung gefeiert. 

Die Kirmes

Anstelle des Kirchweihfestes der katholischen Dörfer wurde bei uns die Kirmes gefeiert. Am dritten Sonntag im Oktober nach der Getreideernte, wenn auch die Masse der Hackfrüchte eingebracht war, ging es nach Nimptsch zum Herbstmarkt. Viele Familien und Scharen von Kindern zogen durch Ruschkowitz über Berg und Tal in das kleine Bergstädtchen, das an diesen Tagen voll von Menschen war. Die wimmelnde Menge drängte sich um die Verkaufsstände und Buden und jeder versuchte, für einige Geldstücke etwas zu kaufen, um es nach Hause mitbringen zu können. Bei der Knappheit der Barschaft, meist waren es nur einige "Böhmen", fiel die Wahl schwer. Denn zwischen Bänkelsängern auf dem Kirchplatz, einer Tröte oder einem Stück Pferdewurst war zu entscheiden. 

Im Dorf war der "Kronplatz" an Kirmestagen oder auch sonst im Jahr mit Schaukeln, Karussell und anderen Attraktionen bestückt. Die Orgelmusik tönte weithin, und die von Menschenkraft betriebenen Karussells waren von den Kindern umlagert. Nach viermal Schieben durfte einmal umsonst gefahren werden. Die Schiffschaukel, in der die jungen Männer an Füßen und Handgelenken angeschnallt den "Überschlag" vorführten und die starken Männer mit "Haut den Lukas", waren die Hauptattraktionen des Festplatzes. 

Ein besonderer Brauch in unserem Dorf war das "Paschen" an Kirmes. Bei Lauerwald, Prasse, Barude und manchmal bei Thielscher konnten mit Würfelspielen Gewinne, meist in Form von Glas- oder Porzellangefäßen, erzielt werden. Der Einsatz war gering, die Gewinne bescheiden wie alle Freuden der Dorfbevölkerung in alter Zeit. 

Der Totensonntag

Mit dem zu Ende gehenden Kirchenjahr im Monat November, wurde bei uns - wie allgemein im evangelischen Bereich - der Toten in besonderer Weise gedacht. Die Gröber, als Grabhügel ausgebildet, meist mit Efeu oder Immergrün bepflanzt, erhielten die Wintereindeckung und einen Blumenschmuck, der zumeist von den Angehörigen selbst hergestellt wurde.