Erinnerungen an Lauenbrunn von Kurt Schüttler


Sackerau 

Der Name bedeutet in der ursprünglichen slavischen oder böhmischen Nennung Zakrzòw, "Hinter dem Busch". (1) Da die deutschen Siedler die Zischlaute nicht gut sprechen konnten, wandelten sie den Namen bald in das der deutschen Zunge geläufigere Sackerau um, so wie das auch bei unserem Tepliwoda der Fall war. 

Pastor Seibt nimmt an, daß der gesamte Höhenzug von Nimptsch bis Frankenstein in den ersten Siedlungszeiten bewaldet war. Reste, wie das Wäldchen und der Kochteich, sind davon übriggeblieben. Die hinter dem Busch liegende Siedlung erhielt wahrscheinlich zusammen mit den Dörfern Tepliwoda, Zinkwitz und Kaubitz deutsches Recht, war aber als Vorwerk der Tepliwodaer Herren kein eigenes Dorf, sondern nur ein Vorwerk bzw. Gutsbezirk. Noch in unserer Zeit wurde es als "Kolonie" bezeichnet. Da Sackerau nicht wie Tepliwoda, Zinkwitz und Kaubitz im Zusammenhang mit der Gründung des Klosters Heinrichau genannt wird, erfahren wir erst im 14. Jahrhundert Einzelheiten über den Ort. Damals gehörte Sackerau den Brüdern Benusch. Am 14. Januar des Jahres 1391 verkaufen der "jüngere Benusch und Kunze gen. von Reichenbach "....." daz Dorff und gut gnant Sackeraw, daz do leyt und gelegyn ist in dem Weichbilde czu Frankenstein ...." an die Gebrüder Gerstenberg. (2) 1402 gehörte es bereits den "Seckil de Teplewod", denn nach einer Urkunde des Klosters Heinrichau verkaufte am 3. Februar 1402 "Benisch Seckil der Alte" an "Benisch Seckil den Jungen" und "Conrad Seckil", seine Brüder, das Dorf Balmingsdorf (Belmsdorf) und seinen Besitz in Sackerau im Weichbild Frankenstein. (3) 1423 gehörte Sackerau Vincens von Reidebergk, wurde an Andreas von Tarchwitz verkauft und 1428 dessen Ehefrau Margarete verschrieben. 1437 stand es im Eigentum der Familie Stosch, und bei der Erbteilung kam es an die Brüder Heinz und Friedrich Stosch, denen auch Groß- und Klein-Schildberg, Kniegnitz, Kobelau, Kummelwitz und Miskowitz zufielen. 1476 gehörte Sackerau wie Tepliwoda den Brüdern Heinrich und Konrad von Seydlitz als Lehen des Herzogs von Münsterberg. Auch 1502, als das Lehnsgut in ein Erbgut umgewandelt wurde, gehörte Sackerau zu Tepliwoda. (4) Sackerau muß später dann noch einmal von dem Tepliwodaer Besitz getrennt worden sein, denn 1599 wird es von einem Herrn "von Stosch und Johnsdorf" wieder zu dem Rittergut Tepliwoda zugekauft. Aus den Urkunden geht hervor, daß Sackerau zum "Frankensteiner Weichbild" gerechnet wurde, während Tepliwoda zum "Münsterbergischen" zählte. 

Wann Sackerau in den Dorfverband von Lauenbrunn kam, ist nicht genau nachzuweisen. Die ältesten Schöppenbücher von 1693 enthielten noch keine Namen Sackerauer Bauern. 1809, bei der Einweihung der nach dem Großfeuer von 1808 zerstörten Kirche, werden dann erstmals Sackerauer genannt, und zwar Gottlieb Rieger, Freistellenbesitzer und Schulaufseher, und Meister Johann Caspar Koch, Freistellenbesitzer und Züchner. (5) Auf die frühere Selbständigkeit Sackeraus' weist auch eindeutig die von Lauenbrunn bis in unsere Zeit völlig getrennte Hausnumerierung hin. Bei der Vertreibung hatte es zehn landwirtschaftliche Betriebe und vier weitere Wohngebäude. 

Die Kunert-Stelle wird die älteste oder früher die größte gewesen sein, denn sie trug die Hausnummer 1. Es ist auch möglich, daß die Nummerierung von der Kunsdorfer Seite her begann und mit der Nr. 18 bei Mertin endete. Die Nummern 2,4,5,9,13 und 14 existierten nicht mehr. Die dazugehörigen Stellen sind sicher im Laufe der Zeit untergegangen. Reste von einigen Stellen erklären sich durch die zu den Kunert, Anter, Milde und Rupprecht gehörenden Gebäuden. 

Sackerau hatte eine eigene Jagd. Pächter waren die Landwirte Richard Schütze, Paul Fuchs und der Stellmacher Richard Pietsch. 

Kunert-Stelle 

Haus-Nr. 1, landwirtschaftliche Eigentumsfläche 11,5 ha. Der Betrieb hatte Flächen der Herrschaft Heinrichau zugepachtet. Letzte Besitzer waren Ernst Kunert und Frau Emma geb. Titze. Sie sind hochbetagt in Bielefeld verstorben. Angehörige der Familie leben z. Zt. in Bielefeld. Das erste Gebäude links am Dorfeingang gehörte ebenfalls zur Kunert-Stelle. 

Anter/Wuttke-Stelle 

Haus-Nr. 11, landwirtschaftliche Eigentumsfläche 12,0 ha. Der letzte Eigentümer Paul Anter und seine Ehefrau Minna verw. Wuttke sind nach der Vertreibung in Bielefeld verstorben. Angehörige der Familie leben jetzt noch in Bielefeld. 

Das auf der gegenüberliegenden Straßenseite stehende Wohnhaus gehörte zur Anter-Stelle. In ihm lebte viele Jahre die Familie Paul Winkler. Der Sohn Walter ist gefallen. Angehörige der Familie leben in Eutin. 

Ochsmann-Stelle und Gasthaus 

Haus-Nr. 10, landwirtschaftliche Eigentumsfläche 24,28 ha. Zum Betrieb gehörten eine Gastwirtschaft und eine Kiesgrube. Gotthard Ochsmann verunglückte 1932 in der Sandgrube tödlich, der Bruder Walter verunglückte 1960 tödlich an seinem Arbeitsplatz in Bielefeld. Willy fiel im Frankreichfeldzug. 

Angehörige der Familie leben in Bielefeld. 

Der Sackerauer Kretscham war ein Erbkretscham, und bereits im Jahre 1809, bei der Einweihung der wiederaufgebauten Kirche, wird ein Carl Eberle als Erbkretschambesitzer genannt. 

Milde-Stelle 

Haus-Nr. 7, landwirtschaftliche Eigentumsfläche 15,68 ha. Milde Paul und Ehefrau Ida geb. Burkert sind in Bielefeld verstorben. Angehörige der Familie leben in Bielefeld.

Das zwischen den Grundstücken Schütze und Wagner liegende Haus gehörte zur Stelle Milde und wurde früher von Ida Milde bewohnt. 

Wagner, Reinhold-Stelle 

 Haus-Nr. 6, landwirtschaftliche Eigentumsfläche 11,34 ha. Zugepachtet waren 0,6 ha. 

Wagner Reinhold verstarb 1971 in Heepen, die Ehefrau war 1942 in der Heimat verstorben. Die Angehörigen der Familie leben im Raum Bielefeld. 

Schütze-Stelle 

Haus-Nr. 8, landwirtschaftliche Eigentumsfläche 10,00 ha. 2,0 ha waren zugepachtet. Der letzte Eigentümer Richard Schütze und seine Ehefrau Emma geb. Rösner sind in Bielefeld verstorben. Angehörige der Familie leben in Hasbergen und im Raum Bielefeld; die Tochter Liesbeth in Kanada, Tochter Margarete in Leipzig. 

Wagner, Heinrich-Stelle 

Haus-Nr. 16, landwirtschaftliche Eigentumsfläche 11,34 ha. Der letzte Eigentümer Max Wagner ist 1945 beim Volkssturm gefallen. Die Witwe Frieda geb. Schreiber lebt im Raum Bielefeld. 

Wagner-Max
Wagner-Max

 

Auszugshaus der Wagner, Heinrich-Stelle 

Haus-Nr. 15, Reinhold Geppert, landwirtschaftliche Fläche 0,6 ha. Die Ackerfläche war an Wagner Reinhold verpachtet. Herr Geppert züchtete Bienen. 

Selma Geppert verstarb noch in der Heimat, Ernst Geppert 1951 in Bielefeld. 

Rupprecht-Stelle 

Haus-Nr. 3, landwirtschaftliche Eigentumsfläche 4,34 ha. Zugepachtet waren von der Herrschaft Heinrichau 2,5 ha. August Rupprecht, früher Schaffer auf dem Dominium, verstarb noch vor der Vertreibung 88jährig. Die Ehefrau verstarb in Bielefeld. Karl Rupprecht ist in Rußland vermisst. 

Zur Rupprecht-Stelle gehörte das Haus zwischen Anter und Wagner. In ihm wohnten früher August Herzog und Frau. Herr Herzog war Schneider und Zeitungsausträger. 

Zimmer-Stelle 

Haus-Nr. 17, landwirtschaftliche Eigentumsfläche 9,5 ha. Paul Zimmer verstarb in Sackerau, die Ehefrau 1960 in Huchting/Bremen. 

Die Witwe des Erich Zimmer, später verh. Wandelt, verstarb 1967 im Raum Oldenburg. 

Mertin-Stelle 

Haus-Nr. 18, landwirtschaftliche Eigentumsfläche 8,25 ha. Es waren 1,25 ha zugepachtet. 

Die Witwe Emilie Mertin geb. Löbe verstarb 1956 in Bielefeld. Die Söhne Ernst, Paul und Max sind im Osten gefallen bzw. im Lazarett verstorben. 

Angehörige der Familie leben im Raum Bielefeld. 

Ansicht von Sackerau 
Ansicht von Sackerau

 

Der Dorfeingang von Sackerau 
Der Dorfeingang von Sackerau

 

 Kunert 1975
Kunert 1975