Erinnerungen an Lauenbrunn von Kurt Schüttler


Post und Fernsprechamt

Das nach der Einwohnerzahl größte Dorf des damaligen Kreises Münsterberg (1878 = 1349 Einwohner) hatte schon in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts ein eigenes Postamt. Davor wird eine Postagentur einfacher Art bestanden haben. Aller Wahrscheinlichkeit nach befand sie sich im Haus des Böttchermeisters Fischer, das dieser von dem Postbeamten Weißbrodt gekauft hatte. Der Postschalter und andere bauliche Einrichtungen waren im Haus Fischer bis 1946 erhalten und bestehen vielleicht heute noch. 

1878 wird das Bestehen einer Postagentur nachgewiesen. Wenig später wurde ein so genanntes Postamt 3 errichtet (1). Bis zum Bau der Kleinbahn wurde die Post täglich durch Boten von Heinrichau gebracht. Das Postgebäude, den Lauenbrunnern als "Alte Post" bekannte, stattliche Gebäude, stand an der Stelle des ehemaligen Auszugshauses des Vogel-Gutes. Es war wohl von dem Gutsbesitzer Vogel für diesen Zweck und für Wohnzwecke eigens neu aufgeführt worden. 

Um 1900 wird ein Postinspektor Steiner als Amtsleiter genannt. Ihm folgten um 1900 Franz Dolleschel, Hoffmann und Otto Behnke. Um die Jahrhundertwende waren als Briefträger die Beamten Goebel, Pollner, Pischel und Weißbrodt im Dienst. Sie verteilten 2 x täglich Briefpost, Geldsendungen und kleinere Pakete. Der Postbezirk war in vier Bereiche unterteilt. Der Bereich I umfaßte die Dörfer Raatz, Ober-Johnsdorf, Tarchwitz und Zinkwitz. Zum Bezirk II gehörten Lauenbrunn-Oberdorf und Kobelau, dazu bei der Nachmittagstour noch Rocksdorf und die Kobelauer Mühle. Der Bezirk III umfaßte Sackerau, Kunsdorf und Dürr-Brockuth. Zum Bezirk IV gehörten Lauenbrunn-Mitteldorf bis Oberdorf, Petershagen, Belmsdorf und Klein-Belmsdorf (Kalesche). Eine Zustelltour bedeutete durchschnittlich 15 km Fußmarsch. Die Zusteller verließen um 7.00 Uhr das Postamt und mußten um 10.30 Uhr zurück sein. Um 13.00 Uhr wurde die zweite Zustellung angetreten. Die Rückkehr aus den Bezirken 1, II und IV mußte bis 17.00 Uhr erfolgen. Der Zusteller des Bezirks II, der bei der Nachmittagstour Rocksdorf und die Kobelauer Mühle aufsuchen mußte, beendete seine Tour um 15.30 Uhr und hatte dann noch bis 19.00 Uhr Innendienst zu leisten. 

Herr G. Pischel schreibt: 

"Es ist schwer zu sagen, wann die Wanderung unserer Landbriefträger am lohnendsten gewesen ist. Im Frühling, wenn die Kirschbäume in vollem duftigen Blütenschmuck prangten, oder wenn die großfrüchtigen Knorpelkirschen -die Melissen- oder die sogenannten Brautkirschen von allen Bäumen lockten und große Körbe, die Schwingen, voll der süßen Früchte am Straßenrand standen, als Zeichen dafür, daß die "Kerschaflucker" bei der Arbeit waren. 

Die Landbriefträger waren meist "Gut Freund" mit den Hausbewohnern und gar manches mal gab es bei "Freigebigen" einen großen Getreidekorn. Eim Mitteldurfe ei Teppelwude bei ein grußa Pauern goabs ooch manchmal enn Schnaps ausm Koffetippla."

 (2) 

Zum Postamt gehörte auch eine Telefonzentrale, die meist mit einem "Fräulein" besetzt war. Die Verbindung am "Klappenschrank" erfolgte durch Handvermittlung. 

Neben den bereits genannten Briefträgern vor dem Ersten Weltkrieg erinnern die Namen Rotert, Brinschwitz, Greulich, Grabowski, Krasel, Burkert und in jüngerer Zeit Hermann Weigelt, Stenzel, Dittrich, Tix und Springer an unsere Post. 

Mitte der 1930er Jahre wurde das Postwesen im Deutschen Reich völlig umorganisiert. Lauenbrunn erhielt anstelle des Postamtes eine "Poststelle I". Sie wurde in die Bahnhofstraße in das neue Haus des Rudolf Barude verlegt. Als "Postagent" wird in der Volkszählung von 1939 ein Herr Tschacher genannt. Am 1. Februar 1939 übernahm der frühere Gärtner Helmut Schmidt die Leitung der Poststelle, die während des Krieges von seiner Frau Cäcilie weitergeführt wurde. Inzwischen war auch das Fernsprechwesen weiterentwickelt worden. Die Handvermittlung, früher von Fräulein Kypri, Fräulein Schalonka und Fräulein Vogel bedient, war dann schon durch die Selbstwähltechnik abgelöst. 

Das Postgebäude vor dem Ersten Weltkrieg
Das Postgebäude vor dem Ersten Weltkrieg